…Hit me Baby one more time

Installation, Soundskulpturen, Ballstikgelantinie

 

Das Gesicht ist ein privilegierter Ort der Subjektkonstitution: Es verleiht jedem von uns im alltäglichen Kontakt unseren höchsten äußerlichen Wiedererkennungswert, schafft Kohärenz, Kontingenz und ist wesentlicher Bestandteil in der Konstruktion von Identität und Selbstbild des Menschen.
Gleichzeitig ist es Symptom seiner Krisenhaftigkeit.

Denn es trägt nicht nur unsere Emotionen und Zustände immer und für jeden sichtbar nach außen; kaum einen anderen Teil präsentieren wir unsere Umwelt derart nackt und ungeschützt. Wir können es ohne äußere Eingriffe nicht bewusst formen und verändern und doch verändert es im Laufe unseres Lebens sich, uns und die Art wie wir „uns“ sehen. Durch unser Alter und unsere Lebensführung wandelt es sich langsam und unausweichlich. Durch äußere Berührungen in Form von Operationen oder Gewalt kann es akut und trotzdem nachhaltig seine Erscheinung verändern.

Vor diesem Hintergrund verhandelt die Installation Hit Me Baby One More Time die verschiedenen Phasen und Formen von Deformation, Degeneration und Dekonstruktion und beschäftigt sich mit der Ambivalenz von Berührung und Berührungslosigkeit im Spannungsfeld von Versprechen und Verletzung, Wunsch und Angst, Gewinn und Verlust. Dabei ist unser Verhältnis zu Berührungen stark vom jeweiligen Kontext bestimmt. Je nach Umgebung, persönlicher Verfassung und Gegenüber empfinden wir Berührungen als angenehm oder aufdringlich, begehrenswert oder bedrohlich, wohltuend oder schmerzhaft. Berührungen verletzen und heilen, hinterlassen Narben und pflegen Wunden. Sie prägen unser alltägliches Miteinander genauso wie unser Verhältnis zu uns selbst; durch Umwelteinflüsse, bewusste und unbewusste bzw. beabsichtige und unbeabsichtige Berührungen, aber auch durch unseren eigenen Lebensstil. Aber wann empfinden wir Berührungen als wohltuend und wann fügen sie uns Schmerzen zu? Wann sind sie „zu viel“, wann „zu wenig“? Wie entstehen Wunden und wann werden sie zu Narben? Und weshalb und unter welchen Umständen bereiten uns aggressives und autoaggressives Verhalten – ja, sogar der Schmerz selbst – Lust und Genugtuung?

 

Die Arbeit untersucht das paradoxe Spannungsfeld von Berührendem und Berührten, in dem sie den Fetischcharakter von Berührungen mitreflektiert und den Fokus auf das Prozesshafte legt: Wann bleiben Berührungen flüchtig und „unsichtbar“, wann hinterlassen sie (sichtbare) Spuren, bilden Narben?

 

Drei Gesichtsskulpturen ca. 60 cm auf 60 cm aus Balsikgelatine, in die umfunktionierte Lautsprecher eingegossen sind stehen auf Stativen im Raum. Die Balsikgelatine simuliert die menschliche Masse; die weiche, deformierbare und und auf Verfall ausgerichtete Materialität menschlicher Haut.

Der basslastige Sound bringt die Gesichter zum Wabbern, verformt sie, verändert ihren Ausdruck
Der durch Vibrationen gesampelte Sound und Frequenzverschiebungen, die in eine Klangebene transferiert wurden und im endlosen Loop laufen, wird die Lebendigkeit der Köpfe dargestellt.

So entsteht eine nonverbale, auf Aktion und Reaktion basierende Kommunikation und Interaktion, die sich verselbstständigt, ekstatisch steigert; Berührung von ihrer zwischenmenschlichen Komponente entkoppelt und sie somit auf den Prozess des Berührens selbst zurückwirft.
Damit dekonstruiert die Arbeit damit unser Verhältnis zu Bedürfnissen, die jedem Menschen konstitutiv und existenziell innewohnen zu scheinen: Berühren und Berührt-Werden, Wachstum und Wandel, Veränderung und Verfall.