Die Akademie trauert um Prof. Ursel Herrmann

 

Ursel Herrmann leitete von 1994 bis 2002 mit ihrem Ehemann Karl-Ernst Herrmann die Klasse für Bühnenbild- und kostüm der Akademie der Bildenden Künste München.

In dieser Konstellation vermittelte Ursel Herrmann das für angehende Bühnenbildner unerläßliche, profunde Studium der Theater- und Opernliteratur. Das unbestechliche Urteil, die präzise Durchdringung der Dramaturgie eines Stücks, ihre Leidenschaft für die Figuren des (Musik-) Theaters und ihre tatkräftige und herzliche Zugewandtheit bleiben uns in nachhaltiger und liebevoller Erinnerung.

Als ein besonderes Ereignis während ihrer beider Professur erinnern wir uns an die Inszenierung eines Pasticcios von Cavallis „La Calisto“ und Monteverdis „L’Incoronazione di Poppea“ im Vestibül der Akademie, mit Gesangsstudent*innen der Musikhochschule, in der Ausstattung der gesamten Bühnen- und Kostümbildklasse und unter der Musikalischen Leitung von Christoph Hammer.

Ursel Herrmann wurde am 19.1.1943 in Rynsk/Polen geboren, wuchs in der DDR auf, studierte an der freien Universität Berlin und war von 1980 bis 1984 Dramaturgin am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg.

Zusammen mit ihrem Ehemann, dem epochalen Bühnengestalter Karl-Ernst Herrmann, begann 1981 mit der Inszenierung von „La Clemenza di Tito“ von W. A. Mozart in Brüssel die im europäischen Musiktheater der letzten 50 Jahre einzigartige, gemeinsame Theaterarbeit des Inszenatorenpaars Herrmann.

Die Inszenierungen, in denen beide Künstler für die Regie verantwortlich zeichneten - Karl-Ernst Herrmann für Bühne, Kostüme und Licht - führten sie regelmäßig an die großen europäischen Opernhäuser, wie das La Monnaie in Brüssel, die Salzburger Festspiele, die Mozartwoche Salzburg, die Wiener Festwochen, die Wiener Staatsoper, die Staatsoper Berlin, De Nationale Opera Amsterdam, das Festspielhaus Baden-Baden, das Royal Opera House Covent Garden in London, das Palais Garnier in Paris und das Teatro Real in Madrid.

Ihre Inszenierungen der Opern von Mozart, Verdi, Rossini, Rameau und Händel setzten musiktheatrale und stilbildende Maßstäbe für Jahrzehnte. Gastspiele und Wiederaufnahmen der beständig erfolgreichen Inszenierungen in zahlreichen weiteren europäischen Städten machten die unverkennbare Herrmann’sche Bühnen- und Regieästhetik berühmt und zu einem Markenzeichen hoch geschätzter und enthusiastisch rezipierter Inszenierungskunst.

Ursel Herrmann verstarb am 27.9.2020 in Berlin, Karl-Ernst Herrmann war ihr am 13.5.2018 vorausgegangen.

 

(Martin Kinzlmaier / künstlerischer Mitarbeiter von 1994 bis 2002)