• Hito Steyerl, Francis Hunger u.a. | Konferenz
  • Datum 2025-06-03
  • 2025-06-04
  • Ort Akademie der Bildenden Künste München | Akademiestr. 2 & online (Link auf Anfrage)
  • Raum Altbau | Historische Aula
Google Data Center Iowa (cc) by Chad Davis, https://chaddavis.photography/photo-archive/
There is no translation available.

 

Mit: Gregory Chatonsky, Simon Denny, Navine G. Dossos, !Mediengruppe Bitnik, Mat Dryhurst, Constant Dullaart, Antonio Somaini

Die Konferenz findet in Englischer Sprache und hybrid statt. Bitte tragen Sie sich hier in das Formular ein, um den Link zum Meeting zu erhalten.

Eintritt frei.

 

"Die aktuellen Technologieentwicklung und ihre Auswirkungen auf Politik und Kultur erzeugen eine seltsame Diskrepanz. Während sich Kultur und Kunst durch Datenpopulismus, Skandalvermeidung und Marktopportunismus eingeengt fühlen, ist die Politik im Randalemodus. Nichts scheint unmöglich, von der Invasion oder dem Verkauf Grönlands oder Gazas über die Abschaffung von Zentralbanken, bis hin zu ‚Make Nazis Great Again‘.

 

Die KI-Industrie stellt Populisten und Autokraten Werkzeuge zur Verfügung, um wie Künstler-Genies vorzugehen, die sich über Tabus, Gesetze und Vorschriften hinwegsetzen, um kreative Zerstörung zu betreiben. Die monopolhafte Stellung der großen KI-Firmen haben einen enormen Einfluss auf Arbeiter*innen, Märkte und Nutzer*innen gleichermaßen und radikalisieren die Kluft zwischen Arm und Reich. KI-Werkzeuge sind Pinsel, Zauberstäbe und Kettensägen in den Händen libertärer Rüpel.

 

Wie können Künstler*innen angesichts dieser Entwendung die kreative Initiative oder irgendeine Form von künstlerischer Freiheit zurückgewinnen? Wie entkommen wir der stochastischen Mittelmäßigkeit, die mit gepimpten und am Durchschnitt orientierten Datenmassen einhergeht, welche von parteiischen KI-Modellen erzeugt werden? Wie gehen wir mit der Konkurrenz durch jene futuristische Performance-Kunst um, die jetzt von Tech-Oligarchen, Bürokraten und Incel-Imperialisten eingesetzt wird?

 

Welche Art von Instrumenten – falls es sie gibt – sind notwendig, um andere Potentiale für die neuesten Technologien zu erschließen? Wie können wir Kunst produzieren, während ihre traditionellen Formen von multipolaren Dilettanten kulturell vereinnahmt wurden?"

 

Die Konferenz findet in Englischer Sprache statt. Eintritt frei. Die Veranstaltung findet hybrid statt. Bitte tragen Sie sich hier in das Formular ein, um den Link zum Meeting zu erhalten.

 

Programm:

3. Juni 2025

17.30 Hito Steyerl and Francis Hunger: Introduction

18.00 Gregory Chatonsky: Vectofascism

19.00 Antonio Somaini: Politics of Latent Spaces

 

4. Juni 2025

12.00 Navine G. Dossos: The Only Flowering Plant in the Ocean

13.00 Constant Dullaart: The hyperreal iconoclasm exploit

14.00 Simon Denny: Flight to Safety

15.00 Break

16.00 !Mediengruppe Bitnik: Unreal Data

17.00 Emergent Digital Media Class: mid- life mid- art mid- journey

18.00 Mat Dryhurst: Protocol Art

 

Moderation: Boris Čučković, Paul Feigelfeld, Francis Hunger, Hito Steyerl

Konzept: Hito Steyerl, Francis Hunger (Klasse Aktuelle Digitale Medien, AdBK München)

 

Weitere Informationen

Plakat

 

 

!Mediengruppe Bitnik: Unwirkliche Daten
Mit dem Übergang zu datengesteuerten Gesellschaften ist die automatisierte Erfassung von Daten zu einem intrinsischen Bestandteil der meisten technischen Systeme und Geräte geworden. Die Daten, die wir produzieren, und unsere Interaktionen mit den Systemen sind zum Treibstoff der Systeme geworden. Er bestimmt die Feeds, die wir durchscrollen, die Nachrichten, die wir lesen, die Artikel, die uns empfohlen werden, die Grenzen, die wir überschreiten dürfen, die Jobs, auf die wir uns erfolgreich bewerben können.

Daten dienen also nicht allein der Bezeichnung von Ereignisses oder eines Zustands, sondern sie haben die Fähigkeit, Veränderungen in der realen Welt hervorzubringen. Sie beschreiben die Welt. Doch können Daten auch darüber hinaus eingesetzt werden, um strategisch in in die Welt einzugreifen? Bieten Praktiken ‚nicht-realer Daten‘, also der Generierung spezifischer Daten, um bestimmte Ergebnisse auszulösen, Wege zum Widerstand und zur Wiedererlangung der Handlungsfähigkeit, in einer Zeit, in der ein Ausstieg aus der Datenproduktion unmöglich geworden ist?

 

Gregory Chatonsky: Vektofaschismus
Der Vektofaschismus überflutet uns und sättigt den Raum mit Informationen, die uns erschöpfen. Daher ist es wichtig, ihn genau zu definieren, ihn zu artikulieren und von den Faschismen des letzten Jahrhunderts zu unterscheiden. Der latente Raum wird zu einem onto-politischen Paradigma, das es ermöglicht, nicht mit Massen, sondern mit statistischen Vektoren umzugehen und die Produktion des differend (Lyotard) zu industrialisieren, indem alle Dinge ins Lächerliche gezogen werden, gleichwertig durch Äquidistanz. Wir werden uns fragen, welche Art von latenten KI-Räumen die Vektofaschisten nutzen, um von der Propaganda zur Propagierung überzugehen. Wir könnten auch fragen, wie man ihnen das Leben unmöglich machen kann.

 

Simon Denny: Vibe-Codierung der Zukunft
Die zwei zukunftsweisenden und einflussreichen Texte des Venture-Kapitalisten Marc Andreesen, das „Techno-Optimist Manifesto“ und „American Dynamism“, bieten eine Kurzfassung der Denkweise seiner zunehmend prominenten Denkschule.

Andreessen: „Ich habe mich von vielen früheren Manifesten inspirieren lassen, insbesondere von einem, das mir sehr gut gefallen hat, dem Futuristischen Manifest der italienischen futuristischen Kunstbewegung, vielleicht um 1910. Ich weiß also nicht, ob ich die Messlatte des Futuristischen Manifests erreicht habe, aber es war eine Art Ausgangsinspiration für mich.“

Simon Dennys Präsentation kontextualisiert den Vibe von Andreessens Pitch, indem er den Futurismus durch den KI-Geist der Bronzezeit wieder aufleben lässt, der diese Denkschule erfasst hat.

 

Constant Dullaart: Die Ausbeutung des hyperrealen Ikonoklasmus
Der seit langem bestehende politische und finanzielle Anreiz, die Repräsentation (als Mittel demokratischer Gesellschaften) zu unterhöhlen, wird durch synthetisch generierte Meinungen, Bilder, Nachrichten noch verstärkt. Social-Media-Plattformen in Privateigenum erleichtern diesen Raubzug ganz offen, indem sie die Bedingungen für die Teilnahme festlegen und es dem Kapital ermöglichen, Sichtbarkeit zu manipulieren und Relevanz und Konsens vorzutäuschen. Diese Dynamik ermutigt die vektorialistische Klasse, überflutet den Diskurs und übertönt die lesbaren Signale in einem Zustand der Hyperrealität. Das Ergebnis ist ein neuer Ikonoklasmus durch gezielte Überlastung, der eine breitere semiotische Verschiebung markiert, bei der die Bedeutung zusammenbricht, Symbole verwirren sollen und Gefühle die Fakten überlagern. Es werden Bedingungen geschaffen, in denen das Spektakel den Diskurs ersetzt, Stigmata Gesellschaftsgruppen prägen und unkontrollierte Macht gedeiht.

 

Navine G. Dossos: Die einzige blühende Pflanze im Ozean
Wie sind wir von der digitalen Arbeit über Drohnen und Überwachung zur Herstellung von in Seegras eingewickelten Keramikgefäßen gekommen? James Bridle und ich zogen auf eine griechische Insel, gründeten ein gemeinsames Studio namens Vessel und begannen, unser eigenes Haus zu bauen. Dieser Vortrag zeigt auf, wie sich unser Denken über Technologie, Intelligenz und die Matrix der Lebensmaterie in den letzten fünf Jahren von einer intensiven Beschäftigung mit der Online-Welt zu einem Engagement für unsere Bioregion und ihre ökologischen Gegebenheiten entwickelt hat.

 

Mat Dryhurst: Protokoll-Kunst
Wir sind der Meinung, dass die folgenreichsten ästhetischen und ideologischen Debatten heute auf der Ebene der Protokolle stattfinden, die den traditionellen Medienformen vorgeschaltet sind. Diejenigen, die die Möglichkeiten, Anreize und Strukturen der Beteiligung gestalten, formen die Bedingungen, unter denen Kultur produziert und wahrgenommen wird. Dennoch bleibt dieses Substrat weitgehend unsichtbar, unkritisiert und unangefochten. „Protocol Art“ schlägt vor, auf dieser grundlegenden Ebene zu intervenieren, indem neue Systeme, soziale Verträge und Regelwerke entworfen werden, die Werte kodieren und umsetzen. Die Künstler sind aufgefordert, sich an der Gestaltung von Protokollen zu beteiligen, und zwar nicht nur als Kommentar, sondern als direkte Konkurrenz. In diesem Licht ist die Kunst lebendig und dringend.

 

Klasse für Aktuelle Digitale Medien: mid-life, mid-art, mid-journey
Studierende der Klasse für Aktuelle Digitale Medien setzen sich in kurzen Interventionen mit drei Themenschwerpunkten an, die an das Konferenzthema „Die Kunst im Zeitalter des Mittelmaßes“ anschließen: Mid-Life, Mid-Art, Mid-Journey.

 

Antonio Somaini: Politics of Latent Spaces
Antonio Somaini wird auf die Thesen seines Vorredners Gregory Chatonsky eingehen, und diese aus Perspektive des „Latent Space“, also des vortrainierten Vektor-Raumes generativer KI-Modelle kommentieren.