"In ihrer skulpturalen Arbeit setzt sich Emilia Neumann intensiv mit den grundlegenden Fragestellungen der Bildhauerei auseinander und überführt diese in die Gegenwart. Zentral ist dabei das Zusammenspiel von Form, Farbe und Fläche – stets in Relation zur Betrachterin oder zum Betrachter. Der Ort und der Kontext, an dem eine Arbeit präsentiert wird, dienen als Impulsgeber für die Skulptur: Was fehlt diesem Ort? Was zeichnet ihn aus? Welche Geschichten lassen sich erzählen, und wie können sie weitergedacht werden? Dieser dialogische Ansatz ist ein wesentlicher Bestandteil ihrer Arbeiten, bei dem der Raum nicht nur als Hintergrund, sondern als aktiver Bestandteil des Kunstwerks wahrgenommen wird.
Neumanns bevorzugte Materialien sind unter anderem Beton und Gips, die sie während des Gießprozesses mit Pigmenten einfärbt. Obwohl das Material nach dem Aushärten in einen festen Zustand übergeht, bleiben die ursprüngliche Fluidität und die Fließbewegungen im Werk sichtbar. Die Farbigkeit betont dabei die Schlieren und Fließrichtungen, die während des Entstehungsprozesses entstehen, und fixiert so den Moment des „Werdens“ auf der Oberfläche. Formgebende Elemente ihrer Skulpturen sind Alltagsgegenstände und Konsumgüter, die auseinandergebaut, zerschnitten und neu zusammengesetzt werden. Diese neu geformten Objekte zeigen Spuren industrieller Fertigung, wirken gleichzeitig aber auch organisch gewachsen. Sie offenbaren perforierte Flächen, gemaserte Oberflächen oder unnatürlich gleichmäßige Strukturen, die mit der Wahrnehmung der Betrachterin oder des Betrachters spielen. Die Formen bleiben sowohl vertraut als auch rätselhaft, laden zur Reflexion ein und eröffnen immer wieder neue Perspektiven im Moment der Betrachtung.
Emilia Neumann, 1985 in Offenbach am Main geboren, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Sie hat ihre akademische Ausbildung von 2006 bis 2013 an der Hochschule für Gestaltung Offenbach, in der Klasse für Bildhauerei bei Prof. Wolfgang Luy sowie in den Bereichen Soziologie und Medientheorie bei Prof. Dr. Marc Ries absolviert. 2010 bis 2011 studierte sie an der Facultad de Bellas Artes Alonso Cano in Granada, Spanien, bei José Luis Vicario. 2013 schloss sie ihr Studium mit Auszeichnung ab. Im Jahr 2016 und 2017 war sie als Dozentin an der Hochschule für Gestaltung Offenbach im Fachbereich Bildhauerei tätig."