Körper der Ko-Existenz

Relationale Vorstellungen des Menschen in Kunst und Theorie der Gegenwart

(FK-T3, KP D.04.09, KP D.05.09)

Dr. Susanne Witzgall

Raum E.O1.23, Akademiestr. 2

Zeit Dienstag 14.00–16.00 Uhr, Beginn: 26.04. (Vorbesprechung), dann wöchentlich (03.04., 10.05., 17.05., 24.05., 31.05., 14.12., 07.06., 14.06, 21.06., 28.06., 5.07.)                       
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Die Vorstellung, dass der Mensch ein selbstbestimmtes, wissendes Subjekt ist, prägt den westlichen humanistischen Diskurs. „Transparentes Ich“ nennt die Philosophin Denis Ferreira da Silva diese Idee, die den (‚idealen‘) Menschen mit einer autarken Innerlichkeit assoziiert, mit der er über eine vermeintliche – ihn nicht wirklich affizierende – Außenwelt herrscht. In Opposition zu dieser Vorstellung des selbstbestimmten unabhängigen Menschen mit ihrem „Wahn der Undurchlässigkeit“ (Stacy Alaimo) entwarfen in den letzten Jahrzehnten Vertreter*innen posthumanistischer, feministisch-neomaterialistischer Ansätze und der Black Critical Theory sowie ein Reihe von internationalen Bildenden Künstler*innen ein dezidiert relationales Konzept des Subjekts. Dieses bestreitet die Trennung des Menschen von den vernetzten, sich gegenseitig konstituierenden Prozessen der Realität und betont seine verkörperte Ko-Existenz und sein Mit-Werden mit anderen lebenden und nichtlebenden Akteur*innen in den materiell-semiotischen Geflechten der Welt.

 

Doch wie sehen diese menschlichen Körper der Ko-Existenz aus? Welche Eigenschaften haben sie? Sind sie stark oder verletzlich? In welche Machtrelationen sind sie eingebettet und was für ein alternatives Konzept zum „transparenten Ich“ legen sie genau nahe? Das Seminar geht diesen Fragen anhand von ausgewählten theoretischen Positionen und Beispielen aus der Kunst der Gegenwart nach und nimmt dabei sowohl die Ko-Existenz und das Mit-Werden des Menschen mit anderen Lebewesen und der Umwelt als auch mit der Technik in den Blick. Wir analysieren in diesem Zusammenhang unter anderem Arbeiten von Geumhyung Jeong, Candice Lin, Sandra Mujinga, Otobong Nkanga oder Alexandra Pirici (fast alle Teilnehmer*innen der diesjährigen Biennale in Venedig) und besprechen Texte von Stacy Alaimo, Rosi Braidotti, Andy Clark, Donna Haraway, Astrida Neimanis, Jakiyyah Iman Jackson und weiteren. Zudem sind inhaltliche Ausflüge in das Science-Fiction-Genre geplant (Octavia Butler) sowie ein Besuch der Ausstellung „Future Bodies from a Recent Past“ in der Sammlung Brandhorst (ab. 2. Juni).

 

 

Kollektive Komplizenschaften

Blockseminar zur Vorbereitung auf den Besuch der documenta 15

(FK-T2, FK-T3, KP D.04.09, KP D.05.09)

Dr. Susanne Witzgall

Raum Alter Sitzungssaal (Altbau) und E.O1.23 (nur am 15.06.22)

Zeit Mittwoch 14.30–17.30 Uhr, Beginn: 04.05.22., dann 14tägig (18.05., 01.06., 15.06., 29.06.)   
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Das Konzept derdocumenta 15 orientiert sich an dem Modell von „lumbung“ – ein Begriff, der auf Indonesisch eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune bezeichnet. Es stellt damit „Kollektivität, gemeinschaftlichen Ressourcenaufbau und gerechter Verteilung“in den Mittelpunkt dieses internationalen Kunstereignisses. Der Großteil der eingeladenen künstlerischen Positionen sind Kollektive, deren – häufig partizipativ angelegte – Praxen über die Milieugrenzen der Kunst hinweg breitere soziale Schichten erreichen wollen. Nicht die Produktion von Kunstobjekten steht hier im Vordergrund, sondern eine konkrete Formung von realen Bedingungen menschlicher (und nichtmenschlicher) Ko-Existenzen. So geht es beispielsweise um die Realisierung allgemeiner gesellschafts-politischer Anliegen wie mehr Demokratie oder Meinungsfreiheit, das Anstoßen sozio-ökologischer Transformationsprozesse an einem ganz bestimmten Ort oder um das gemeinsame Teilen und Produzieren von Wissen.

 

Das Blockseminar „Kollektive Komplizenschaften“ versteht sich als vorbereitende Veranstaltung für einen Besuch derdocumenta 15. Nach einem kurzen historischen Rückblick auf kollektive Kunstpraktiken in den 1970er Jahren widmet es sich ausgewählten künstlerischen Positionen der documenta wie Tanja Buguera‘s INSTAR (Instituto de Artivismo Hannah Ahrendt), INLAND – Campo Adentro: arts, agricultures and countryside, Black Quantum Futurism oder das ZK/U-Zentrum für Kunst und Urbanistik und anderen. Diese Beispiele sollen außerdem dazu dienen, grundsätzliche Anliegen und Strategien zeitgenössischer kollektiver Kunstpraxen zu analysieren sowie das Verhältnis von Kunst, Gesellschaft und Politik zu diskutieren.

 

Vom 7. bis 10. Juli findet zusammen mit den Lehrstühlen für Kunstgeschichte eine klassenübergreifende Exkursion zur documenta 15 statt, die mit studienübergreifenden Zuschüssen unterstützt wird. Voraussetzung für die Teilnahme an dieser Exkursion ist der Besuch dieses Blockseminars oder alternativ dazu der Besuch des Seminar zur Geschichte der documenta von Dietmar Rübel. Der Anmeldeschluss für die Exkursion ist der 2. Mai 2022. Das Blockseminar "Kollektive Komplizenschaften" steht jedoch auch allen anderen Interessierten offen unabhängig von der geplanten Exkursion.