Gestalten ist nicht genug – grenzüberschreitende Design- und Architekturpraktiken im Kontext gegenwärtiger Exzesse
(FK-T2, KP B.06.09)
Karianne Fogelberg, M. A.
Raum E.O1.23, Akademiestr. 2
Zeit Dienstag 12.00–13.45 Uhr, Beginn: 20.10.2020, weitere Termine (wöchentlich) 27.10., 03.11., 10.11., 17.11., 24.11., 01.12., 08.12., 15.12.2020, 12.01.2021, 19.01.2021., 26.01.
2021
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Angesichts der gegenwärtigen Exzesse, der Erzeugung stets neuer Optionen und Begehren, der maßlosen Kommodifizierung von Affekten, Körpern und Daten, exzessiven Vernetzungsdynamiken, dem fortschreitenden Verbrauch von Rohstoffen bei gleichzeitig steigender Vermüllung ist überdeutlich, dass die Wirkweisen von Gestaltung höchst ambivalent sind und sich weder materiell noch zeitlich noch geografisch begrenzen lassen. Diese Erkenntnis ist für zeitgenössische Designer*innen und Architekt*innen vielfach Anlass dafür, sich der dominanten Verwertungslogik zu verweigern und in forschungsbasierten Projekten zu untersuchen, auf welche Weisen ihre Disziplinen in die Exzesse verstrickt sind und zu deren Verschärfung und Beschleunigung beitragen, aber auch zu fragen, inwiefern sich die das Exzessive begünstigenden Praktiken und Denkweisen überwinden lassen. Gemeinsam ist diesen Positionen, dass sie dabei über die Entwurfstechniken und Werkzeuge der eigenen Disziplin hinausgehen und Anleihen nehmen bei anderen Genres wie dem Journalismus, der Szenografie, Literatur und Film oder bei anderen Disziplinen wie den Naturwissenschaften oder auch Allianzen mit ihnen eingehen. Damit sprengen sie die Grenzen der eigenen Disziplin, überschreiten und erweitern sie.
Im Seminar beschäftigen wir uns mit ausgewählten Design- und Architekturpositionen, die sich mit ihrem Verhältnis zu den Exzessen der Gegenwart in kritisch-forschender Weise beschäftigen, und untersuchen, auf welche aktuellen Diskurse sie sich beziehen und welche Mittel und Strategien sie heranziehen, um sich jenseits der Grenzen der Disziplin zu situieren. Mit Arbeiten von u.a. Rem Koolhaas/AMO, Gabriel Maher, Studio Formafantasma; von Forschungsprojekten wie Geo-Design (Eindhoven) oder dem Deep Design Lab (St. Etienne) und aktuellen Ausstellungen wie Schule der Folgenlosigkeit (MK&G Hamburg), Countryside, The Future (Guggenheim Museum) und vergangenen Ausstellungen wie Junk, All That is Solid Melts into Trash und Alibaba – From Here to Your Home (beide Van Abbe Museum).
Exzess und Utopie
(auch Freie Kunst FK-T3, Kunstpädagogik Modul D.05.09)
Dr. Susanne Witzgall
Raum E.O1.23, Akademiestr. 2
Zeit Dienstag 14.00–16.00 Uhr, Beginn: 20.10. (Vorbesprechung), weitere Termine: 27.10., 03.11., 10.11., 17.11., 24.11., 01.12., 15.12.2020, 12.01., 19.01., 26.01.2021.
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„[D]ie ewige Denunzierung der Utopie, die von den Anwälten der gegenwärtigen Verhältnisse wieder aufgenommen wird, wird den Menschen nicht daran hindern, ein utopisches Tier zu sein", konstatiert der französische Philosoph Miguel Abensour 2006. Dabei versuche die Utopie, „das so genannte Unüberschreitbare zu überschreiten." Abensour spricht auf diese Weise das exzessive Wesen der Utopie an, welches sich in der Transgression des Realen und seiner vermeintlich unüberwindbaren Horizonte äußert. Dieser Exzessivität der Utopie lässt sich in der Dystopie – in einer radikal negativen Zukunftsperspektive – der Exzess in Form einer übersteigerten Zuspitzung gegenwärtiger Verhältnisse gegenüberstellen. In diesem Fall wird das hier und jetzt nicht wirklich überschritten, es werden vielmehr signifikante Charakterzüge des Gegenwärtigen ins Extreme gesteigert.
In einem transdisziplinären Durch-einander-hindurch-denken von künstlerischen, populärkulturellen und diversen wissenschaftlichen Positionen geht das Seminar der Frage nach, wie das Utopische und das Exzessive zusammenhängen oder sich gar gegenseitig bedingen. Der Fokus liegt auf Positionen der Gegenwart, wobei jedoch auch Rückgriffe auf künstlerische und theoretische Arbeiten des 20. Jahrhunderts geplant sind. Darüber hinaus soll die Frage diskutiert werden, ob Krisen wie beispielsweise die gegenwärtige Pandemie, eine Überschreitung der Realität und damit utopische Entwürfe ermöglichen oder ganz im Gegenteil zu einer exzessiven Intensivierung und Verstetigung gegenwärtiger Gesetze und Logiken führen.
Wir besprechen unter anderem ausgewählte künstlerische Positionen aus den aktuellen Ausstellungen Potential Worlds (Migros Museum Zürich) und Was wenn? Zum Utopischen in Kunst, Architektur und Design (Neues Museum Nürnberg) sowie einer Reihe einschlägiger Texte von Frederic R. Jameson, Miguel Abensour, Isabelle Stengers, Nick Srnicek und Alex Williams (akzelerationistisches Manifest) und vieles mehr.
Im/Materielle Medien II: KI, Algorithmen, Clouds, und Sounds
(Freie Kunst FK-T4, Kunstpädagogik Modul C.01.09)
Prof. Dr. Marietta Kesting
Raum A.EG.01 (Altbau, Akademiestr. 2)
Zeit Mittwoch 14.30–18.30, zweiwöchentlich 14.10.2020 (Einführung), weitere Termine: 28.10., 01.11., 25.11., 9.12., 16.12. 2020 und 13.01, 27.01, 10.02..2021
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Das Seminar beschäftigt sich mit der umfassenden Digitalisierung und teilweise exzessiven Datensammlung und -verarbeitung, die einerseits im Kontext der Corona-Pandemie gerade Schlagzeilen macht, und andererseits durch den Zusammenschluss von künstlicher Intelligenz, Automatisierung, selbst-lernenden Algorithmen und sozialen Medienplattformen schon länger gesellschaftsrelevante Fragen aufwirft. KI-Zentren werden großzügig gefördert. Stichworte wie Data-Mining und selbstlernende Algorithmen, Elon Musks Neurolink-Projekt, die Problematiken von selbstfahrenden Autos und anderen "Assistenten"-Systemen sind dabei allgegenwärtig und sollen hinterfragt werden.
Das Seminar legt auch einen Fokus auf künstlerische Sound-Arbeiten, die sich mit Algorithmen und KI beschäftigen und häufig weniger Aufmerksamkeit finden. Doch Töne lassen sich teilweise einfacher von Maschinen erkennen als Bilder, so dass dieser Bereich gerade im Hinblick auf die Entwicklung von KI und Musik signifikant ist.
Es werden deutsche und englische Texte gelesen, zu denen theoretischen Positionen wie Louise Amoore (Cloud Ethics), Emile Frankel (Hearing the Cloud), Jonathan Sterne, Simon Rothöhler, Antoinette Rouvroy, Taina Bucher, Janina Loh zählen, und die durch fiktionale (u.a. Tom McCarthy) und essayistische Ansätze (u.a. Nathasha Stagg) erweitert werden. Künstlerische Positionen beinhalten Lauren Lee McCarthy, Jessica Graves, Hyphen Lab u.a.
Das Seminar greift bestimmte Aspekte und Diskussionen von Im/Material Media and Virtual Excess aus dem SS 2020 auf und vertieft diese. Die Teilnahme ist jedoch für alle Studierenden auch ohne Vorkenntnisse möglich. Es wird die Bereitschaft vorausgesetzt, auch englische Texte zu lesen und zu diskutieren. Gemeinsam mit Studierenden des Seminars »Algorithmuskulturen« von Dr. des. Vera Tollmann (Institut für Medien, Theater und Populäre Kultur, Uni Hildesheim, (https://www.uni-hildesheim.de/fb2/institute/medien-theater-populaerekultur/mitglieder/vera-tollmann/) ist ein Workshop "Medienkunst, Daten, Algorithmen und KI" (Arbeitstitel) im Januar 2021 geplant.